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Gegenseitige Körperpflege im Tierreich

Kämmen, Knabbern, Kraulen

Neuwied. „Guck mal Mama, die Affen lau­sen sich!“ Biologin Alexandra Japes steht am Wassergraben der Schimpansenanlage des Zoo Neuwied und beob­ach­tet, genau wie die Familie neben ihr, die Menschenaffen bei der gegen­sei­ti­gen Körperpflege – und schüt­telt lächelnd den Kopf: „Was land­läu­fig oft als ‚Lausen‘ bezeich­net wird, nennt man in der Fachsprache ‚groo­men‘. Das bedeu­tet ‚pfle­gen‘, und schließt damit alle Körperpflegehandlungen bei Tieren mit ein. Dazu gehört zwar auch die Entfernung von Ektoparasiten wie Läusen – die haben wir hier im Zoo durch unse­re tier­ärzt­li­che Prophylaxe aber gar nicht. Trotzdem beob­ach­ten wir die glei­chen Verhaltensweisen bei unse­ren Tieren, wie sie auch ihre wil­den Verwandten zeigen.“

Zoologen unter­schei­den zwi­schen Auto- und Allogrooming, also der Pflege des eige­nen Körpers im Unterschied zur gegen­sei­ti­gen Pflege. „Während beim Autogrooming ganz klar die eigent­li­che Körperpflege im Vordergrund steht, also zum Beispiel die Entfernung von Schmutzpartikeln, Hautschüppchen oder Verknotungen im Fell, hat das gegen­sei­ti­ge Grooming vor allem eine sozia­le Komponente“, weiß Japes. „Gegroomt wer­den erhöht das Wohlbefinden des Empfängers und stärkt so die Bindung zwi­schen den bei­den Tieren. Das müs­sen dabei nicht unbe­dingt ver­wand­te Tiere oder Sexualpartner sein: Gerade bei Primaten nut­zen rang­nie­de­re Gruppenmitglieder Grooming auch oft als Mittel, sich die Gunst der rang­ho­hen Individuen zu sichern“, erklärt die Biologin.

Auch wenn das oft irre­füh­rend als ‚Lausen‘ bezeich­ne­te Durchkämmen des Fells mit den Fingern natür­lich ‑ana­to­misch bedingt- nur bei Affen zu beob­ach­ten ist, betrei­ben auch ande­re Tiere sozia­les Grooming: „Pferde beknab­bern sich häu­fig gegen­sei­tig, Katzen wie unse­re Berberlöwen lecken dem Partner das Fell, und selbst bei Vögeln ist das gegen­sei­ti­ge Beknabbern mit dem Schnabel ein Bindungsritual, das bei vie­len ver­schie­de­nen Arten stattfindet.“

Bei den Schimpansen hat mitt­ler­wei­le ein Wechsel statt­ge­fun­den: Jetzt ist das ande­re Tier an der Reihe. „Wir freu­en uns hier im Zoo immer, wenn wir beob­ach­ten, dass sich unse­re Tiere rich­tig viel Zeit fürs Grooming neh­men“, ver­rät Alexandra Japes. „Denn die gegen­sei­ti­ge Körperpflege ist natür­lich ein Verhalten, dass die Tiere nur zei­gen, wenn es ihnen gut geht und kei­ne ande­ren drin­gen­de Bedürfnisse uner­füllt sind: Wenn sie also satt sind, sich gesund und sicher füh­len. Grooming ist für uns ein Zeichen dafür, dass sich unse­re Tiere wohl­füh­len – was uns obers­tes Gebot ist. Also könn­te man sagen, wenn sich unse­re Tiere groo­men, erhöht es nicht nur deren Wohlbefinden, son­dern auch die Zufriedenheit von uns Zoomitarbeitern: Ein kla­res Win-Win!“

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