Gut erhalten und nach wie vor attraktiv für Einheimische und für die Gäste sind die Bopparder Rheinanlagen. Spazieren gehen, im Schatten der Kronen der alten Bäume des Bopparder Arboretum sitzen, den Blick auf den Rhein, die gegenüberliegenden Rheinhänge und auf die vorbeiziehenden Schiffe genießen, den Kindern zusehen, wie sie unbeschwert im kühlen Wasser des Ritter-Schwalbach-Brunnens toben, oder die Ruhe beim Schachspiel genießen, – die Bopparder Rheinanlagen sind Wohlfühlanlagen für alle. Ein Kulturschatz.
Sie werden umgebaut. Ortsbeirat, und Bauausschuss haben sich bereits mit den Plänen der Berliner Architekten Reschke befasst und dem Vorhaben zugestimmt. Der Ortsbeirat begrüßte insbesondere die „Flächenentsiegelung und die Integration von mehr Grün in die Rheinallee“.
„Über die gesamte Länge und Breite der Promenade zieht sich ein ruhiger Teppich aus gesägtem Steinpflaster“ und „Der Pflasterteppich der Promenade wird auch in den Francke-Anlagen fortgeführt“ steht dazu in der Entwurfsplanung. „Entsiegelung“ von Flächen mit Pflasterteppich? Wird „Pflasterteppich“ mit „Betonband“ übersetzt, dann werden die gesamten Rheinanlagen, zusammen mit der Georg-Francke-Anlage und einschließlich der bereits „entsiegelten“ Fläche für die Skateranlage zukünftig ein einziges Betonband bilden. Angesichts dieser beabsichtigten Vollbetonierung der Rheinanlagen wäre vorab ein Gutachten zur Entwicklung des Kleinklimas hier unbedingt zu erstellen.
Integration von Grün? Weitere 40 bis 50 Bäume werden gefällt. Alle krank! Prof. Dr. Elke Hietel (Grüne) im Bauausschuss dazu: Die Bäume müssen erhalten bleiben, um das Kleinklima in Boppard zu schützen. Die alten Bäume sind allein deshalb besonders wichtig, weil ihr Schatten bereits jetzt den Schutz gibt, den junge Bäume nach intensiver Pflege erst in etwa 30 Jahren geben können. Fachleute sind unbedingt zur Begutachtung der Bäume heranzuziehen. Nur sie können Schäden eindeutig feststellen und Maßnahmen zur Gesundung der Bäume vorschlagen. Frau Hietel ist Professorin für Landschaftspflege, Landschafts- und Stadtplanung an der TH Bingen, die zusammen mit der HS Koblenz und Geisenheim eine Klimastudie für den Mittelrhein und insbesondere auch Boppard erstellt hat (www.th-bingen.de/forschung/projekte/forschungsprojekte/projekt/projekt/kommunale-klimaanpassung-im-welterbe-oberes-mittelrheintal/).
Die Berliner Architekten nannten auch Zahlen. Für den Umbau der Georg-Francke-Anlage und der Rheinallee werden in der Planungsvorlage Baukosten in Höhe von 12 Millionen Euro aufgeführt. Ohne Baunebenkosten! Unter Berücksichtigung dieser Baunebenkosten und unter Berücksichtigung der Erfahrungen mit Kostensteigerungen bei anderen Bauprojekten (Bopparder Burg, Karmeliter-Rathaus) ist von mindestens 20 Millionen Euro für die Umgestaltung der Rheinanlagen in Boppard auszugehen. Möglicherweise werden die Erneuerung weiter Teile der Ufermauer oder der der Einbau der Abwasserleitung zusätzlich zu finanzieren sein.
Wer einen zweistelligen Millionenbetrag in die Sanierung einer grundsätzlich funktionsfähigen Anlage investieren möchte, der sollte über das Geld verfügen und keinen anderen dringenden Bedarf haben. Der Griff in die prall gefüllte Bopparder Stadtkasse dürfte aus bekannten Gründen nicht von Erfolg gekrönt zu sein. .Anderen Handlungsbedarf gibt es aber reichlich in Boppard: Straßenaus- oder Neubau, Gehwege ausbessern und barrierefrei gestalten, Ausstattung von Kindergärten, Kindertagestätten, Schulen, Feuerwehren, Dorferneuerung in den Ortsteilen oder – ganz wichtig – Parkraum schaffen. Die Parkgebühren werden drastisch steigen, die Aussicht auf eine Parkmöglichkeit aber entsprechend sinken.
Hier gibt es Erklärungsbedarf: Wie wird diese Umgestaltung der Rheinanlage finanziert?
Wäre es nicht sinnvoll, jetzt erst einmal einen Bedarfskatalog für Boppard zu erstellen, um die festgestellten Bedarfe dann in einer Prioritätenliste der Reihe nach „abzuarbeiten“? Werden die Bürger an der Aufstellung einer solchen Prioritätenliste beteiligt, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der millionenschwere Umbau der Rheinanlagen nicht vornan stehen wird.
Immer wieder ist der Begriff BUGA 2029 zu hören. Auch der Zeitplan der Entscheidungen für den Umbau der Rheinanlagen ist damit verbunden. Welche Forderungen oder Erwartungen hat die BUGA-Gesellschaft aber an den Umbau der Rheinanlagen in Boppard? Ist sie selbst daran interessiert, oder stellt sie Forderungen, dann wäre es doch Aufgabe der Gesellschaft, die Planungs- und Finanzierungsverantwortung selbst in die Hand zu nehmen und die Bürger der Stadt zu beteiligen. Erbringen wir mit der Millionen-Investition eine Sachleistung für die BUGA 2029?
Wir Bopparder Bürger können mit unseren Rheinanlagen in der derzeitigen Form „gut leben“. Wir können unseren BUGA-Gästen gern auch mit Stolz diese Rheinanlagen als Kulturgut präsentieren. Ein wenig „aufhübschen“ reicht für weniger Geld gut aus. Die Rheinanlagen zur Fußgängerzone zu erklären und eine Flaniermeile gestalten, wäre ein solch einfacher Schritt.
Bürgermeister Jörg Haseneier hat bei der Sitzung des Bauausschusses den Fahrplan für die Einleitung des Genehmigungsverfahrens zum Baustart durch den Stadtrat noch etwas verändert. Ursprünglich war geplant, eine Bürgerversammlung zu diesem Thema nach dieser abschließenden Stadtratssitzung durchzuführen. Die wird jetzt aber vorgezogen auf (voraussichtlich) den 11. Juli.
Viele Bürger mit vielen Fragen und Anregungen im Gepäck wären dieser Versammlung zu wünschen.
Klaus Thomas, Boppard