Zur Kenntnis des örtlichen Landschaftsbildes blicken wir etwas in die Geschichte des Eisenbolz: gerne wird die Geschichte des Eisenbolz zur Begründung der Maßnahmen und der Ziele des Entbuschens zum Umbau in Offenland zu Hilfe genommen. Das Erscheinungsbild des Eisenbolzplateaus und seine Hänge vor ungefähr 50 Jahren wurde bereits öfter als Vorbild genannt. Nachdem der Eisenbolz ab 1830 gerodet wurde – bis dahin war er mit Hochwald bedeckt – fand auf dem Plateau überwiegend Ackerbau statt, schmale lange Felder wurden von Bauern mit Hackfrüchten, Getreide und Kartoffeln bebaut. Für Transport und Bearbeitung war tierische Anspannung und deren Futtergewinnung nötig. Erst in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts nahm die Motorisierung zu, die Tiere wurden nach und nach abgeschafft, somit entfiel der Anbau der Futtermittel.
Die Hänge wurden vor allem am Westhang mit Trockenmauern versehen und Flächen für Obstbäume genutzt. Ackerbau war hier nicht möglich. Die Abbruchkanten des Eisenbolz waren aufgrund des schlechten Bodens eher verbuscht und mit Eichen (Niederwald) versehen und wurden dementsprechend durch Sammeln der Früchte und Holzwirtschaft genutzt. Nach und nach wurden die Obstlagen aufgegeben, die landwirtschaftliche Struktur änderte sich, da andere Berufe bessere und leichtere Einkommen ermöglichten. Ab dieser Zeit nahmen Verbuschungen auf dem Eisenbolz zu.
Während bis kurz nach dem Krieg durch die intensivere Landbewirtschaftung fast jede Fläche genutzt wurde, war auch eine geringere Artenvielfalt der natürlichen Flora und Fauna vorhanden. Eine Streuobstlandschaft gab es auf dem Plateau des Eisenbolz nie, Streifen mit Obstbäumen rechts und links der Hauptwege schon. Später wurden einige Streifen mit Obstbäumen hinzugefügt. Erst mit der zunehmenden Verbuschung einzelner Parzellen entwickelten sich nach und nach zusätzlich unterschiedliche Lebensräume. Die Artenvielfalt stieg.
Die Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie Rheinland-Pfalz (GNOR) erarbeitete eine Bestandsaufnahme für Flora und Fauna der Region Eisenbolz und Hintere Dickt in den 1990er Jahren. Da waren seltene Arten bereits vertreten, ebenso alle Arten, die jetzt so häufig als Grund der „Entbuschungen“ genannt werden. Die Blauflügelige Ödlandschrecke beispielsweise springt zu Hunderten im Bopparder Hamm auf den Weinbergswegen herum, befindet sich auch auf dem Eisenbolz. Auch die etwas seltenere Rotflügelige Ödlandschrecke ist hier zu sehen. Das heißt, diese seltenen Arten kommen bereits vor, nur ihre Anzahl sollen auf die Schnelle erhöht werden. Die Habitate beider Arten sind Schiefer- oder Felsböden und eine lückige Vegetation, aber keine Kahlschläge und zerstörter Lebensraum Boden.
Die GNOR sorgte dafür, dass ein Teil des Gebietes unter Naturschutz gestellt wurde, mit dem Ziel Offenland, Halboffenland und Baumbestand herzustellen und zu erhalten. Die anderen Flächen des Eisenbolz sind Landschaftsschutzgebiet. Die Ziele des Landschaftsschutzgebietes sollen für den Erhalt einer vorhandenen typischen Kulturlandschaft sorgen, nicht sie verändern, so sieht es der Gesetzestext vor.
Kleinräumigen Strukturelementen wie Offenland (Wiesen), Halboffenland (Verbuschungen) und Baumbestände bieten für viele Arten Lebensräume und helfen der Biotopvernetzung. Zahlen wie viel Wald- und Offenlandflächen hier im Raum existieren, sind irrelevant, es kommt auf jeweiligen regionalen Räume, deren geeigneten Standortfaktoren, die Machbarkeit und Umsetzung der Maßnahmen an.
Mit den bisherigen Maßnahmen der Landespflege wurde über das Ziel hinaus geschossen. Großflächige Kahlschlagmethoden zusätzlich mit dem Fräsen von Standort Boden sorgt für das Vernichten von Lebensräumen. Die vereinzelt stehen gebliebenen Bäume wurden durch Fräsen im Wurzelbereich erheblich geschädigt. Zusammen mit der Trockenheit ist zu erwarten, dass diese ebenfalls verschwinden werden. Da vermutlich die zukünftigen Flächen durch Beweidung und Futtergewinnung (Heu, Grassilage) offen gehalten werden sollen, ist zu erwarten, dass die kleinräumigen Strukturen des Eisenbolzplateaus großflächig frei gestellt werden. Denn große Traktoren benötigen große Flächen. Zusammen mit der anstehenden Flurbereinigung könnte genau das angestrebt werden. Damit würde man den Zielen des Schutzstatus und Zielen des UNESCO-Welterbes zum Erhalt der einmaligen Kulturlandschaft widersprechen.
Daher sollten die Maßnahmen zum Erhalt der Kulturlandschaft unbedingt überarbeitet werden. Kahlschlagmethoden und Bodenfräsungen sind völlig unangebracht. Kleinräumige, vielseitige Strukturen sollten erhalten bleiben. Kulturlandschaften haben sich durch nachhaltiges Kultivieren entwickelt, auf Dauer eingestellt. Abholzungen in anderen Ländern werden hier kritisiert, bei uns aber geduldet. Die aktuelle Klimaveränderung ist unbedingt zu berücksichtigen, das heißt eine behutsame Entwicklung mit schonenden Methoden ohne vorübergehendes ökologisches Desaster wäre angemessen, die erhöhte Durchschnittstemperaturen, Spitzenwerte sowie Trockenphasen und Starkregen einzukalkulieren und entsprechend vorzubeugen. Die CO₂-Bilanz dieser Maßnahmen ist völlig inakzeptabel, angesichts der aktuellen Erkenntnisse. Schätzungsweise sind alleine bei den Fräsarbeiten mehrere 1.000 Liter Diesel verschwendet worden, also vor Urzeiten gespeichertes CO₂ freigesetzt worden. Abholzen, Entbuschen und daraus Hackschnitzel herstellen produziert ebenfalls wieder jede Menge CO₂. Eine ausgeräumte Landschaft speichert kein CO₂. Graslandschaften zur Futterbildung speichern ebenfalls nicht dauerhaft CO₂.
Letztendlich kann der Mensch mit der Natur anstellen, was er will, sie regeneriert sich immer wieder von selbst. Allerdings sind es alleine die Nutzungsarten, die zusammen mit Boden und Klima den Landschaftstyp bestimmen. Mit einer zielgerichteten Nutzungsänderung, behutsam und planvoll durchgeführt, würde man ohne diese oben genannten brachialen Methoden zum gleichen Ergebnis kommen: Offenland, Halboffenland und Baumbestände. Selbst wenn bislang, wie immer wieder betont, gute Ergebnisse erzielt wurden, liegt es alleine daran, dass eine Nutzungsänderung stattgefunden hat, nicht am Kahlschlag und Boden fräsen. Die „guten Ergebnisse“, auf die öfter schon hingewiesen wurde, stammen aus „Entbuschungen“, die vor 30 Jahren stattfanden. Zu dieser Zeit hatten wir hier tatsächlich ein anderes Klima: feuchtere Sommer, nicht diese hohen Temperaturen und auch nicht diese langen Trockenphasen. Dass sich das Klima verändert, ist seit Jahrzehnten bekannt. Angepasste Maßnahmen führen mit erheblich weniger Schäden an Flora und Fauna eher zum gewünschten Ergebnis. Es kann auch keine einseitige Informationskampagne für einen Staatssekretär seitens der Behörden eine Verbesserung herbeiführen.
Zum Glück hatten wir auf den gefrästen Flächen bislang kein Starkregenereignis. Der letzte heftige Schauer brachte 5 Liter pro Quadratmeter und Stunde. Starkregenereignisse beginnen bei 25 Liter pro Quadratmeter und Stunde. Allerdings bildeten sich bei einem normalen Schauer auf den gefrästen Flächen sofort Pfützen, da das Wasser auf der verschlämmten Bodenoberfläche nicht schnell genug eindringen konnte. Durch das Pulverisieren des Bodens bildet sich durch Verschlämmen mit den kleinen Tonmineralien des Bodens eine Kruste. Diese verhindert das Eindringen des Niederschlagswassers in der ersten Zeit des Regenereignisses. Niederschlagswasser läuft ab. Sehr wichtig ist eine Anreicherung der Grundwasserkörper, die seit Jahren stetig sinken. Selbst das feuchte Jahr 2021 konnte die Grundwasserstände nicht wieder füllen. Folge: Absterben von Pflanzen, vor allem auch Bäume, da ihre Wurzeln den aktuellen Grundwasserstand nicht mehr erreichen. Weitere Folge: Pflanzen können sich zwar teilweise auf das in obere Schichten vorhandene Niederschlagswasser einrichten, aber da es nur sehr unterschiedlich je nach Trockenphasen zur Verfügung steht, wird mit hohen Ausfällen an Vegetation zu rechnen sein.
Alles in allem fehlen umfassend Infos und Planungen des anzustrebenden Landschaftsbildes. Es dürfen nie wieder solche Bodenfräsungen beauftragt werden und Fördergelder dafür bereitgestellt werden. Landschaftsveränderungen sollten nur angepasst und als allmählicher Umbau zum Schutz von Natur und Mensch erfolgen, unter Berücksichtigung von Klima und Boden. Das sollte für Fachbehörden und Umweltministerium selbstverständlich als Grundvoraussetzung gelten.
Umweltverträglichere Maßnahmen
- Bestandsaufnahme der vorhandenen Flora und Fauna. Dazu zählt auch der Boden mitsamt seinem Bodenleben. Also das gesamte Ökosystem muss berücksichtigt werden. Damit sind alle Organismen im betroffenem Gebiet erfasst und können bei der zukünftigen Planung der neuen Lebensräume berücksichtigt werden. Schützenswerte und seltenen Arten fallen somit nicht hinten runter.
- Planung des betroffenen Gebietes unter Berücksichtigung der gewünschten zukünftigen und vorhandenen Arten der Flora und Fauna, angepasst an vorhandene Klima- und Bodenverhältnisse. Diese Pläne sollten diese einzelnen Lebensräume beziehungsweise Schutzräume darstellen. Auf kleinräumige Strukturen achten. Regionale Klimaverhältnisse nehmen eine immer stärkere Bedeutung ein, zum Beispiel puffern heckenartiges Buschwerk und Bäume extreme Temperaturschwankungen ab, sorgen für länger verfügbare Feuchtigkeit, beziehungsweise geringere Trockenphasen im regionalen Bereich. Windgeschwindigkeiten würden stark reduziert.
- Die Umsetzung sollte entsprechend der oben genannten Punkte angepasst und in fortlaufender Entwicklung über einen längeren Zeitraum durch fachlich versierte Firmen ausgeführt werden. Die Folgen der Arbeitsschritte müssen von vornherein geklärt sein.
- Die fortschreitenden Umsetzungen gehen einher mit den Pflegearbeiten, die letztendlich den Maßnahmenkatalog der Betreuung und Nutzung zum Erhalt des gewünschten Landschaftsbildes darstellen. Diese Nutzungen und Pflegeleistungen sind die tragenden Säulen einer naturnahen Kulturlandschaft.
Mit einer behutsamen Umsetzung der Maßnahmen erreicht man fachkundig den gewünschten Landschaftstyp (hier das Ergebnis Offenland), ohne dass bestehende Flora und Fauna brachial zerstört und ausgelöscht wird.
Dipl.-Ing.Ulrich Kühl, PlanWerk Grün, Boppard